Die Sekundärforschung (auch Desk Research genannt) bezeichnet die systematische Auswertung bereits vorhandener Daten, Informationen oder Studien, die entweder unternehmensintern oder durch externe Quellen erhoben wurden. Ziel ist es, durch die Analyse vorhandenen Wissens neue Erkenntnisse über Märkte, Zielgruppen, Trends oder Wettbewerber zu gewinnen – ohne selbst neue Daten zu erheben (im Gegensatz zur Primärforschung).
Sekundärforschung ist ein grundlegender Bestandteil der Marktforschung und liefert häufig die ersten Anhaltspunkte für strategische Entscheidungen, Produktentwicklungen oder Marktanalysen.
Die Sekundärforschung dient in der Praxis dazu:
Erste Marktübersichten oder Trendanalysen zu erstellen
Zielgruppen einzuschätzen oder zu segmentieren
Wettbewerber zu analysieren
Wirtschaftliche, technologische oder regulatorische Rahmenbedingungen zu verstehen
Datenlücken zu identifizieren, die ggf. durch Primärforschung geschlossen werden müssen
Vorteile:
Kostengünstig (da keine eigenen Erhebungen notwendig)
Zeitsparend (sofort verfügbar)
Breit zugänglich (große Datenmengen verfügbar)
Guter Einstiegspunkt für tiefergehende Analysen
Die Informationsquellen lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
Bereits im Unternehmen vorhandene Daten:
Verkaufsstatistiken
CRM-Daten (Kundendatenbank)
Retourenquoten
Website- und Nutzungsdaten (z. B. aus Google Analytics)
Lagerbestände oder Preisverläufe
frühere Umfragen oder Studien
Öffentlich oder kommerziell zugängliche Informationen:
Branchenberichte und Marktstudien (z. B. Statista, GfK, Euromonitor)
Wissenschaftliche Publikationen
Behördliche Statistiken (z. B. Statistisches Bundesamt, Eurostat)
Handelsregisterdaten
Presse- und Fachartikel
Unternehmenswebsites oder Geschäftsberichte von Wettbewerbern
Social Media und Bewertungsportale
Studien von Verbänden oder Kammern (z. B. IHK, VDMA)
Ein strukturierter Desk-Research-Prozess besteht aus:
Zieldefinition
→ Was will ich wissen? Welche Entscheidung soll unterstützt werden?
Quellenidentifikation
→ Welche internen und externen Daten sind potenziell nutzbar?
Datensammlung
→ Relevante Informationen systematisch erfassen
Datenbewertung
→ Kritische Prüfung auf Aktualität, Relevanz, Herkunft, Qualität
Analyse und Interpretation
→ Ableitung von Handlungsempfehlungen oder Erkenntnissen
Trotz ihrer Vorteile hat die Sekundärforschung auch Einschränkungen:
Datenveraltet: Viele Quellen sind nicht tagesaktuell oder basieren auf vergangenen Situationen
Nicht spezifisch genug: Die Informationen wurden oft für andere Zwecke erhoben
Zugänglichkeit: Manche relevante Daten sind kostenpflichtig oder nicht öffentlich
Unklare Datenqualität: Herkunft und Methodik sind nicht immer transparent
Daher ist es wichtig, Sekundärquellen kritisch zu prüfen – insbesondere, wenn sie als Entscheidungsbasis dienen.
Ein mittelständischer Maschinenbauer plant den Einstieg in den US-Markt. Zur Vorbereitung wird eine Sekundärforschung durchgeführt:
Analyse von Importstatistiken und Branchendaten über Maschinenbedarf in den USA (z. B. über U.S. Census Bureau und ITC)
Auswertung von Marktstudien zu regionalen Investitionsschwerpunkten
Wettbewerbsbeobachtung anhand von Websites, Patentanmeldungen und Geschäftsberichten
Nutzung interner Daten: Welche Maschinen laufen in Europa besonders gut? Woher kamen bisherige Exportanfragen?
Das Unternehmen erhält daraus ein belastbares Bild des Marktpotenzials – und entscheidet, welche Aspekte anschließend durch Primärforschung (z. B. Kundeninterviews vor Ort) vertieft werden sollen.
Die Sekundärforschung ist ein essenzielles, ressourcenschonendes Instrument der Marktanalyse. Sie ermöglicht es, auf vorhandenes Wissen zurückzugreifen, um erste Hypothesen zu entwickeln, Chancen zu erkennen und Risiken einzugrenzen – ohne sofort in kostspielige Erhebungen investieren zu müssen. In der strategischen Planung dient sie häufig als Ausgangspunkt für tiefere Untersuchungen und fundierte unternehmerische Entscheidungen.