Ein Kundenscoringsystem ist ein analytisches Verfahren zur Bewertung und Einstufung von Kunden anhand quantitativer und qualitativer Kriterien. Ziel ist es, die Kunden nach Wert, Potenzial, Zahlungswahrscheinlichkeit oder Risiko zu klassifizieren, um fundierte Entscheidungen in Vertrieb, Marketing, Kundenservice und Risikomanagement treffen zu können. Dabei erhält jeder Kunde einen sogenannten „Score“, also einen Wert, der seine Relevanz für das Unternehmen abbildet.
Kundenscoring wird in vielen Branchen genutzt – besonders in Finanzdienstleistungen, E-Commerce, Telekommunikation und im B2B-Vertrieb.
Im Kern basiert das Scoring auf der Frage:
Wie wertvoll oder riskant ist dieser Kunde für mein Unternehmen?
Das System vergibt Punkte oder Klassen anhand ausgewählter Kriterien, etwa:
Kaufverhalten (z. B. Umsatz, Frequenz)
Zahlungsmoral (z. B. Mahnungen, Bonität)
Demografische Daten (z. B. Region, Branche)
Interaktionsverhalten (z. B. Newsletter-Öffnungen, Supportanfragen)
Kundenfeedback (z. B. Zufriedenheit, NPS)
Das Ergebnis kann ein numerischer Score (z. B. 0–100), eine qualitative Stufe (z. B. A–C) oder ein Risikoindex sein.
Kundenwert erkennen und priorisieren
→ Wer sind meine besten Kunden (A-Kunden)? Wer verursacht Kosten (C-Kunden)?
Ressourcen effizient einsetzen
→ Vertrieb, Marketing und Service konzentrieren sich auf lohnende Zielgruppen.
Individuelle Kundenansprache
→ Kampagnen und Angebote lassen sich je nach Score personalisieren.
Risikomanagement
→ Frühwarnsystem für Ausfallrisiken oder Kündigungsgefahr (Churn).
Optimierung von Kundenbeziehungen
→ Potenzialkunden gezielt entwickeln, unprofitable Kunden ggf. aussteuern.
Klassische Dreiteilung nach Umsatz oder Deckungsbeitrag
A-Kunden: sehr wertvoll (z. B. 20 % der Kunden, aber 80 % des Umsatzes)
B-Kunden: durchschnittlich wertvoll
C-Kunden: wenig attraktiv, oft betreuungsintensiv
Bewertet Kunden nach:
Recency (Wie lange ist der letzte Kauf her?)
Frequency (Wie häufig kauft der Kunde?)
Monetary (Wie viel gibt der Kunde aus?)
Besonders verbreitet im E-Commerce
Berechnet die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde kündigt
Faktoren: Nutzungsverhalten, Beschwerden, Inaktivität
Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Kunden (z. B. Schufa-Score)
Wichtig bei Zahlungsarten wie Rechnung oder Ratenkauf
Zieldefinition: Was soll das Scoring abbilden – z. B. Zahlungsrisiko, Kundenwert oder Kündigungswahrscheinlichkeit?
Datensammlung: Interne und ggf. externe Datenquellen (CRM, ERP, Webtracking, Bonitätsdaten)
Kriterienauswahl: Auswahl der relevanten Einflussgrößen für das Scoring-Modell
Modellentwicklung: Punktevergabe, Gewichtung und Schwellenwerte definieren
Test & Validierung: Überprüfung der Aussagekraft durch Pilotphasen oder Datenrückläufe
Integration: Einbindung ins CRM-System oder Business-Intelligence-Plattformen
Objektivierung von Entscheidungen (z. B. im Vertrieb)
Skalierbarkeit bei großer Kundenanzahl
Frühzeitige Erkennung von Chancen und Risiken
Steigerung der Profitabilität pro Kunde
Datenschutz & DSGVO: Kundenscoring muss transparent und rechtlich zulässig erfolgen.
Datenqualität: Ungenaue oder veraltete Daten können das Modell verzerren.
Modellpflege: Scoringmodelle müssen regelmäßig angepasst und optimiert werden.
Fehlinterpretationen: Scores sollten als Entscheidungshilfe, nicht als starre Urteile dienen.
Ein Kundenscoringsystem ermöglicht Unternehmen, ihre Kunden strukturiert zu bewerten und so strategisch fundierte Entscheidungen zu treffen. Es schafft Transparenz über Kundenpotenziale, fördert eine differenzierte Kundenansprache und hilft, Ressourcen effektiver einzusetzen. Richtig implementiert, trägt es wesentlich zur Steigerung von Effizienz, Umsatz und Kundenzufriedenheit bei – und ist damit ein wertvolles Instrument der modernen Kundensteuerung.