Die Primärforschung (auch Primärerhebung oder Field Research) bezeichnet die erstmalige, zielgerichtete Erhebung von Daten direkt an der Quelle – also beim Kunden, Marktteilnehmer oder Nutzer – um neue, noch nicht vorhandene Informationen zu gewinnen. Im Gegensatz zur Sekundärforschung, bei der auf bestehende Daten zurückgegriffen wird, schafft die Primärforschung originäre Datensätze, die exakt auf die Fragestellung des Unternehmens zugeschnitten sind.
Primärforschung ist ein zentrales Instrument der Marktforschung, insbesondere dann, wenn aktuelle, spezifische und belastbare Informationen benötigt werden, um fundierte Entscheidungen zu treffen – etwa zur Produktentwicklung, Positionierung, Preisgestaltung oder Kundenzufriedenheit.
Unternehmen führen Primärforschung durch, um:
Kundenbedürfnisse und Kaufverhalten besser zu verstehen
Marktpotenziale oder Trends zu identifizieren
Produktideen oder Werbekonzepte zu testen (Pretests)
Kundenzufriedenheit und Servicequalität zu messen
Wettbewerbsanalysen mit eigenen Erhebungen zu ergänzen
Der große Vorteil: Die erhobenen Daten sind zielgerichtet, aktuell, unternehmensspezifisch und exklusiv – also nicht allgemein zugänglich.
Primärforschung lässt sich in zwei Hauptformen unterteilen: Befragung und Beobachtung, ergänzt durch Experimente und Panels.
Die häufigste Methode, bei der Personen gezielt befragt werden.
Quantitativ: standardisierte Fragebögen (z. B. Online-Umfragen, Telefoninterviews)
→ Ziel: statistisch auswertbare Daten (z. B. Zufriedenheitswert auf Skala von 1–10)
Qualitativ: offene Interviews, Fokusgruppen, Tiefeninterviews
→ Ziel: tiefere Einblicke in Meinungen, Motivationen, Einstellungen
Verhalten wird ohne direkte Einflussnahme erfasst (z. B. in Supermärkten, Online-Plattformen).
Offen oder verdeckt
Manuell oder automatisiert (z. B. durch Tracking-Software)
Testanordnungen, bei denen gezielt Variablen verändert werden, um deren Wirkung zu analysieren.
Beispiel: Zwei Werbeanzeigen mit unterschiedlichen Slogans werden parallel getestet (A/B-Test).
Langfristige Erhebungen bei gleichbleibender Teilnehmergruppe zur Entwicklung über Zeit.
Ein strukturierter Ablauf sieht typischerweise so aus:
Zieldefinition: Was soll untersucht werden?
Zielgruppenfestlegung: Wen betrifft die Frage?
Methodenwahl: Welche Erhebungsform ist geeignet?
Instrumentenerstellung: Fragebogen, Interviewleitfaden etc.
Datenerhebung: Durchführung der Befragung, Beobachtung etc.
Datenaufbereitung und Analyse
Interpretation und Handlungsempfehlungen
Vorteile:
Daten sind aktuell und spezifisch
Ergebnisse sind exklusiv nutzbar
Hohe Relevanz und Genauigkeit
Flexible Gestaltung der Inhalte
Nachteile:
Kosten- und zeitintensiv
Erhebungsfehler möglich (z. B. durch unklare Fragen)
Erfordert methodisches Know-how
Nicht für jede Fragestellung praktikabel (z. B. bei schwer erreichbaren Zielgruppen)
Ein Start-up für gesunde Snacks möchte wissen, wie attraktiv ein neues Produktkonzept bei Berufspendlern ankommt. Es führt qualitative Tiefeninterviews an Bahnhöfen und eine Online-Umfrage unter Newsletter-Abonnenten durch. Die Ergebnisse zeigen klare Präferenzen beim Geschmack und der Verpackung. Daraus wird das finale Produktdesign abgeleitet – mit messbar höherer Akzeptanz im Markttest.
Sekundärforschung nutzt bereits vorhandene Daten (z. B. Marktstudien, Statistiken, interne Verkaufszahlen). Sie ist schneller und günstiger – aber oft zu allgemein oder veraltet.
Primärforschung wird eingesetzt, wenn:
keine passenden Sekundärdaten existieren
tiefere Einsichten benötigt werden
ein klarer Wettbewerbsvorteil durch exklusive Daten entsteht
Primärforschung ist ein essenzielles Werkzeug, um fundierte, zielgerichtete Entscheidungen auf Basis eigener Daten zu treffen. Gerade in dynamischen Märkten mit sich verändernden Kundenbedürfnissen liefert sie wertvolle Einblicke, die mit Sekundärdaten allein nicht zu gewinnen sind. Für Unternehmen, die sich strategisch weiterentwickeln wollen, ist sie damit ein zentraler Baustein moderner Marktorientierung.