Churn-Scoring ist ein analytisches Verfahren zur Vorhersage der Abwanderungswahrscheinlichkeit (Churn) einzelner Kunden. Ziel ist es, frühzeitig zu erkennen, welche Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit kündigen, inaktiv werden oder keine weiteren Käufe tätigen werden. Unternehmen können auf Basis dieser Bewertung gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen, um Kundenverluste zu reduzieren und die Kundenbindung zu verbessern.
Churn-Scoring ist ein zentraler Bestandteil im Customer Relationship Management (CRM) und wird vor allem in abonnierten Geschäftsmodellen, Telekommunikation, Streaming-Diensten, Banken, Versicherungen sowie im E-Commerce eingesetzt.
„Churn“ (engl. für „Abwanderung“) beschreibt den Verlust eines Kunden – z. B. durch Kündigung eines Vertrags, Wechsel zum Wettbewerber oder ausbleibende Käufe über einen längeren Zeitraum.
Es gibt verschiedene Arten von Churn:
Aktiver Churn: Der Kunde kündigt aktiv (z. B. Abo kündigen, Vertrag beenden)
Passiver Churn: Der Kunde nutzt das Angebot nicht mehr, ohne formelle Kündigung (z. B. inaktive Käufer im Onlinehandel)
Das Churn-Scoring berechnet für jeden Kunden einen Risikowert, der angibt, wie wahrscheinlich es ist, dass dieser Kunde in naher Zukunft abwandert. Dieser Score dient als Frühwarnsystem, um:
Risiken zu erkennen, bevor es zum Verlust kommt
präventive Maßnahmen (z. B. Rabatt, Servicekontakt) gezielt einzusetzen
Kundenbindungsstrategien zu individualisieren
Kosten für Rückgewinnung oder Akquise zu sparen
Datenbasis schaffen
Grundlage sind historische Daten von Bestandskunden, z. B.:
Kauf- oder Nutzungsverhalten (z. B. letzte Bestellung, Nutzungshäufigkeit)
Interaktionen (z. B. E-Mail-Öffnungen, Supportanfragen)
Vertragsinformationen (z. B. Laufzeit, Kündigungsfristen)
Soziodemografische Daten
Zufriedenheit und Beschwerden
Modellbildung
Mithilfe statistischer Methoden oder Machine-Learning-Algorithmen (z. B. Entscheidungsbäume, Logistische Regression, Random Forests) wird ein Modell erstellt, das aus der Vergangenheit „lernt“, welche Merkmale auf Abwanderung hindeuten.
Score-Berechnung
Das Modell gibt für jeden Kunden einen Wert zwischen z. B. 0 und 1 (oder 0–100 %) aus. Je höher der Score, desto größer die Abwanderungswahrscheinlichkeit.
Segmentierung & Maßnahmen
Kunden werden in Risikogruppen eingeteilt:
Niedriges Risiko → keine Aktion nötig
Mittleres Risiko → moderate Kundenbindungsmaßnahmen
Hohes Risiko → gezielte Reaktivierungskampagnen oder persönliche Ansprache
Abnehmende Nutzungshäufigkeit
Sinkender Warenkorbwert oder Bestellfrequenz
Zunahme von Support- oder Beschwerdefällen
Keine Reaktion auf Marketingmaßnahmen
Negatives Feedback bei Umfragen
Vertragsende oder -verlängerung steht bevor
Früherkennung gefährdeter Kunden
Effizientere Ressourcenverteilung im Kundenservice und Marketing
Höhere Kundenbindung durch gezielte Maßnahmen
Vermeidung von Umsatzverlusten
Kostenreduktion im Vergleich zur Neukundengewinnung
Datenqualität: Ungenaue, veraltete oder fehlende Daten können die Modellgüte beeinträchtigen.
Modellpflege: Kundenverhalten verändert sich – das Modell muss regelmäßig aktualisiert werden.
Fehlalarme: Nicht jeder mit hohem Score kündigt tatsächlich – unnötige Maßnahmen können Ressourcen binden.
Datenschutz: DSGVO-konforme Verarbeitung personenbezogener Daten ist zwingend erforderlich.
Telekommunikation: Frühzeitige Erkennung unzufriedener Kunden vor Vertragsende
E-Commerce: Identifikation inaktiver Käufer zur Reaktivierung
Banken/Versicherungen: Kündigungsprognose bei sinkender Produktnutzung
SaaS-Unternehmen: Warnsignale bei ausbleibender Produktnutzung oder Login-Aktivität
Das Churn-Scoring ist ein leistungsfähiges Analyseinstrument zur Prognose von Kundenabwanderung. Es hilft Unternehmen, rechtzeitig gegenzusteuern, Kunden langfristig zu halten und gezielt auf gefährdete Kundengruppen einzugehen. In Zeiten steigender Kundenakquisitionskosten und zunehmendem Wettbewerb ist das frühzeitige Erkennen von Churn-Risiken ein entscheidender Hebel für Umsatzsicherung und nachhaltiges Wachstum. Voraussetzung für den Erfolg ist eine saubere Datenbasis, regelmäßige Modellpflege und eine konsequente Integration in die Kundenkommunikation.